• Leben im Township

Was ist die DRC?

Die DRC (Democratic Resettlement Community) liegt am Rand von Swakopmund und ist die größte informelle Siedlung der Stadt – und eine der größten in ganz Namibia. Ursprünglich als Übergangslösung geplant, hat sich der DRC zu einem dauerhaften Wohnort für rund 40.000 bis 50.000 Menschen entwickelt. Und es werden täglich mehr.

Viele Familien leben in Hütten aus Blech, Holz und anderen gesammelten Materialien. Hintergrund ist, dass es nicht erlaubt ist permanent und fest zu bauen, da die Stadtverwaltung noch infrastrukturelle Versorgung wie Wasserzugang oder Straßenführung planen muss. Aktuell sind die Hütten viel zu nah aneinander gebaut, Zwar verfügen erste Grundstücke inzwischen über Strom und fließendes Wasser, doch der Großteil hat keinen Zugang zu dieser grundlegenden Infrastruktur. Auch sanitäre Anlagen fehlen vielerorts.

Im mittleren Bereich der Siedlung gibt es mittlerweile Straßenbeleuchtung, Straßennamen und von der Stadtverwaltung installierte Trocken Plumpsklos, die sich etwa fünf Haushalte teilen. In den Randbereichen dagegen gibt es keine Straßenbeleuchtung, keine Toiletten und keine erkennbaren Straßenführungen – vor allem für Kinder ist der Alltag dort besonders herausfordernd.

Herausforderungen im Alltag

Das tägliche Leben im DRC ist mühsam und von Improvisation geprägt. Nichts ist selbstverständlich. Jede Aufgabe kostet vielmals so viel Energie, wie Menschen in Europa:

  • Wasser holen: Wasser gibt es nur an öffentlichen Wasserstellen. Familien besitzen einen kleinen Plastikschlüssel, den sie bei der Stadt aufladen können, um an den Zapfsäulen Wasser zu entnehmen. Oft sind lange Wege nötig, das Wasser wird in Kanistern getragen oder mit Schubkarren transportiert.
  • Wäsche & Körperpflege: Wasser wird auf Gaskochern oder über offenem Feuer erhitzt. Danach wird die Wäsche von Hand gewaschen – meist im Freien, bei Wind und Wetter. Kinder helfen regelmäßig mit.
  • Kochen & Energie: Es wird mit Gas oder Holz gekocht. Beides ist teuer oder schwer verfügbar. In den Hütten staut sich Hitze und Rauch – das ist nicht nur unangenehm, sondern auch gesundheitsgefährdend. Immer wieder kommt es zu Hüttenbränden, wenn offenes Feuer oder Gasflaschen unbeaufsichtigt bleiben oder kippen – oft mit verheerenden Folgen für ganze Familien und Nachbarschaften, denn die Feuer streuen schnell.
  • Arbeit & Einkommen: Die Mehrheit der Bewohner*innen ist informell beschäftigt: Sie verkaufen Second-Hand-Kleidung, gegrilltes Fleisch („Kapana“), Obst oder Süßigkeiten auf der Straße. Viele arbeiten tageweise auf Baustellen oder helfen als Reinigungskräfte. Das Einkommen ist unsicher – wer krank ist, verdient nichts.

Soziale Herausforderungen

  • Kinder mit Verantwortung: Viele Kinder tragen Verantwortung im Haushalt, helfen beim Wasserholen, Kochen oder der Betreuung jüngerer Geschwister – oft schon im Grundschulalter. Freizeit, Ruhe oder Rückzugsorte gibt es kaum.
  • Sicherheit: Besonders in den Randbereichen des DRC fehlen Straßenbeleuchtung und Toiletten. Mädchen gehen oft nur in Gruppen zur Toilette – aus Angst vor Übergriffen.
  • Gesundheit & Ernährung: Durch unregelmäßiges Einkommen gibt es oft nur eine Mahlzeit pro Tag. Erkrankungen wie Hautinfektionen, Durchfall oder Atemwegserkrankungen sind weit verbreitet – viele Eltern können sich Arztbesuche nicht leisten oder können es zeitlich nicht einrichten.

Familiäre Verantwortung und Generationenlast

Viele namibische Familien leben in erweiterten Familienstrukturen. Ein Einkommen trägt oft die Last für mehrere Generationen – Eltern, Geschwister, Großeltern, Nichten und Neffen. Wer verdient, teilt. Wer nicht verdient, hofft auf Unterstützung. Diese Solidarität ist tief im Alltag verankert.

In vielen Haushalten gilt: Ein Gehalt reicht nie für nur eine Person. Deshalb ist es nicht ungewöhnlich, dass ein einzelner Lohn 5–10 Familienmitglieder mitversorgen muss – sei es mit Essen, Schulgebühren oder Medikamenten.

Jugendarbeitslosigkeit – Zahlen, die alarmieren

  • Die Perspektivlosigkeit unter jungen Menschen ist eine der größten Herausforderungen in Namibia – und sie zeigt sich besonders im DRC:
    • Namibia gesamt (15–34 Jahre): 44,4 % jugendarbeitslos (NSA Census 2023)

    Dazu kommt: Rund ein Drittel der Jugendlichen ist weder in Ausbildung noch in Arbeit – sogenannte NEETs (Not in Education, Employment or Training). Sie drohen langfristig den Anschluss zu verlieren.

Warum so viele Kinder? Ein Blick auf die Realität

Von außen wirkt es manchmal unverständlich, warum manche Familien viele Kinder haben – vor allem in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen. Doch dahinter steht oft ein pragmatisches, generationsübergreifendes Denken:

„Wenn ich fünf Kinder bekomme: Eines stirbt vielleicht jung. Eines wird es schwer haben – vielleicht durch Krankheit, Behinderung oder Alkohol. Aber drei schaffen es vielleicht – und diese drei können mich eines Tages unterstützen.“

Hinter dieser Sichtweise steckt oft die Sorge um das Alter. Denn die staatliche Rente in Namibia beträgt rund 70 € im Monat – zu wenig, um damit würdevoll zu leben. Kinder gelten daher nicht nur als Freude oder Familienglück, sondern auch als Altersvorsorge.

Gleichzeitig führt dieser Druck dazu, dass Kinder früh Verantwortung übernehmen – sei es finanziell, emotional oder praktisch im Alltag. Bildung, emotionale Sicherheit und Zukunftschancen sind für sie keine Selbstverständlichkeit – sondern etwas, das sie sich oft hart erarbeiten müssen.

Warum Bildung hier so entscheidend ist

Bildung ist der Schlüssel – nicht nur für das einzelne Kind, sondern für ganze Familien.
In einem Umfeld wie dem DRC bedeutet Bildung weit mehr als Schulwissen. Sie ist eine echte Chance auf ein selbstbestimmtes Leben – ein möglicher Ausbruch aus einem Kreislauf aus Armut, Abhängigkeit und begrenzten Perspektiven.

Viele Kinder wachsen in Strukturen auf, in denen Teenagerschwangerschaften, fehlende Schulabschlüsse oder der Druck, früh Geld verdienen zu müssen, zur Normalität gehören. Wer nicht gefördert wird, wiederholt oft das, was die Generation vor ihm erlebt hat.

Durch Bildung aber können Kinder ausbrechen – aus Erwartungen, die ihnen nicht guttun, und aus alten Mustern, die sich über Generationen halten. Sie lernen, eigene Entscheidungen zu treffen, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen – und langfristig auch für ihre Gemeinschaft.

Jedes unserer Kinder gilt als Hoffnungsträger für die ganze Familie.

Denn in Namibia trägt oft ein einziges erfolgreiches Kind die Hoffnung vieler: für finanzielle Sicherheit, für Bildung der kleineren Geschwister, für ein Zuhause mit Strom und Wasser, für Würde im Alter.

Unsere Arbeit zeigt seit über zehn Jahren:
Es funktioniert.
Die ersten Kinder, die wir begleitet haben, studieren heute, machen Ausbildungen, haben Jobs – und beginnen damit, nicht nur sich selbst, sondern auch ihren Familien und zukünftigen Kindern ein neues Leben zu ermöglichen.

Bildung schafft nicht nur Chancen. Sie durchbricht Kreisläufe.

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